Zollabfertigung
Bei der Einfuhr meines Honda Acty Van (VD) gestaltete sich die Zollabfertigung als Komödie.

Wir gelangten rechtzeitig an die Grenze. Man sollte sich aufteilen in Lkw, Pkw und Busse. Was waren wir?

Niemand war zu sehen, weder schweizerische noch deutsche Grenzkontrolleure oder Zollbeamte. Niemand. Nur der Röntgen-Wagen des deutschen Zolls stand am Straßenrand und ein startbereiter VW Bulli vom Zoll - wohl für Verfolgungsfahrten.

Weit und breit war auf der Pkw-Spur kein Stellplatz für unser Gespann zu sehen. Mitten auf der Spur konnte ich jedoch nicht stehen bleiben, denn hinter uns rollten immer mehr Pkw auf die Grenze zu. Deshalb steuerte ich auf Geheiß meines lieben Mitfahrers eine Art Parkbucht hinter dem Kontrollhäuschen an und stellte das Gespann ab.

Noch immer war niemand zu sehen. Deshalb eilte ich in das große Gebäude zur rechten Seite, an dem ich beim Näherkommen tatsächlich das Schild "Zoll" entdeckte. Innerhalb des Gebäudes sprach ich den ersten Uniformierten an, wo ich denn eine Verzollung vornehmen könne. "Dort drüben" wurde mir gezeigt.

In dem Raum mit mindestens drei Schaltern auf jeder Seite sprach ich die erste Person in einer deutschen Zoll-Uniform an, ich stünde drüben in einer Parkbucht und hätte ein einzuführendes Auto zu verzollen.

"Da können Sie stehen bleiben bis die Kollegin den Zoll und ich die Unbedenklichkeitsbescheinigung gemacht habe. Geben Sie mal die Papiere." Da ich hauptsächlich zunächst hatte wissen wollen, ob ich an meinem Standort überhaupt dürfe stehen bleiben, hatte ich die nicht mitgebracht. Deshalb lief ich zum Wagen zurück und traf dort auf einen deutschen Zoll-Beamten.

"Guten Abend. [Es wurde schon dunkel.] Was möchten Sie denn?"

"Ich muß die Papiere für das Auto auf dem Trailer holen, das muß ich nämlich verzollen."

Außer den Papieren steckte ich die übrig gebliebenen schweizer Franken weg und Euros ein und ging wieder in das Zollgebäude. Der Beamte, der mich die Papiere holen ließ, ließ sie sich aushändigen und forderte seine ihm gegenübersitzende Kollegin auf, die Verzollung vorzunehmen, während er die Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen würde. Um den Vorgang abzukürzen wollte er meinen Personalausweis, den schweizerischen Fahrzeugschein und den Kaufvertrag kopieren, denn es arbeiteten ja zwei Personen gleichzeitig für mich. Das Kopieren gelang wegen fehlenden Kopierpapiers jedoch nicht auf Anhieb. Erst mußte Kopierpapier beschafft werden.

"Wo soll ich das denn jetzt klauen?"

"Wir haben doch gerade eine ganze Palette Papier bekommen."

Ein großgewachsener dritter Zoll-Beamte, den ich bis dahin im Hintergrund der Schalter gar nicht gesehen hatte, meldete sich zu Wort. Gemeinsam gingen sie auf die Suche. Nach einiger Zeit kamen sie erfolgreich zurück. Endlich konnte es weiter gehen. Die Zoll-Beamtin bekam die Kopien, konnte wegen schlechten Lichts [Es wurde rasend schnell dunkel.] und einer schlechten Kopie aber nicht viel lesen, so daß ich ihr einige Fragen beantworten mußte.

"Ist das ein Benziner oder ein Diesel?"

"Ein Benziner."

"Wieviel Hubraum hat das Fahrzeug?"

"545 Kubikzentimeter."

"Wieviel Kubikzentimeter Hubraum hat das Fahrzeug?"

"545 Kubikzentimeter."

"Das Fahrzeug hat 545 Kubikzentimeter Hubraum?"

"Ja."

"Ja, das steht ja auch hier."

"Was ist das denn für ein Auto?" mischte sich der erste Zoll-Beamte ein.

"Ein kleiner Bus mit einem liegenden Zwei-Zylinder-Motor und 31 PS."

"Das macht mich neugierig. Das muß ich sehen."

Damit verließ der erste Zoll-Beamte den Raum. In der Zwischenzeit füllte die Zoll-Beamtin mit meiner und der Kopien Hilfe das Formular weiter aus, bis er zurück kam:

"Das ist ein Bananen- oder Pizza-Transporter. Er steht auf einem Anhänger, deshalb brauchst Du keine Kfz-Steuer berechnen."

Die Arbeit ging zügig voran, bis die Zoll-Beamtin erschrocken feststellte:

"Der Drucker hat ein Problem." Die mühselig vervollständigte Zollerklärung wollte nicht sichtbar werden.

"Haste das als PDF-Datei gedruckt?" Mischte sich der Beamte aus dem Hintergrund erneut ein. "Versuch es doch mal so." Aber auch in diesem Fall kam als Reaktion lediglich die Fehlermeldung, daß der Drucker ein Problem habe. Die Zoll-Beamtin forderte deshalb ihren ersten Kollegen auf, den Vorgang, dessen Nummer sie ihm aufschrieb, für sie auszudrucken.

"Ich muß erst die Unbedenklichkeitsbescheinigung fertig machen. Das kann ich nicht unterbrechen."

"131,32 Euro alles zusammen" eröffnete mir die Zoll-Beamtin. Ich zählte das Geld centgenau in bar ab und wollte es weiterreichen.

"Nein, das übernimmt der Kollege von der Kasse gegenüber." Ich drehte mich um und sah mindestens drei, aber leere Kassenschalter.

"Wenn das noch länger dauert, dann ist der Vorgang wech und Du kannst alles neu erfassen" ließ der dritte Zoll-Beamte aus dem Hintergrund verlauten. "Das kenne ich."

"Bloß nicht. Druck mir doch den Vorgang bitte aus."

"Ja, warte, die Unbedenklichkeitsbescheinigung ist gleich fertig."

"Was haben Sie denn da alles im Auto? Ich meine, wir sind ja angehalten zwischen den Feiertagen großzügig zu sein, aber die beiden Kollegen da draußen, das sind scharfe Hunde. Die vermuten schon Sony oder sowas da drunter. Es ist also besser, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden." Wie "scharf" die beiden "Hunde" da draußen waren, konnte mein lieber Mitfahrer genau beobachten, denn er bewachte unser Gespann. Während meines Aufenthalts im Zoll-Gebäude wurden mehrere Pkw mit vorwiegend ausländisch aussehenden Passagieren professionell gefilzt.

"Ah, da druckt er!"

"Nee, das ist meine Unbedenklichkeitsbescheinigung. Nur noch abstempeln und dann kann ich den Vorgang drucken. Wo ist denn der Hauptzollamts-Dienststempel?"

"Hier, nimm meinen."

"Nein, es muß an jedem Schreibtisch ein Hauptzollamts-Dienststempel sein." Rumsch, rumsch, rumsch, drei Mal wird mit dem doch noch gefundenen Hauptzollamts-Dienststempel je ein Exemplar der Unbedenklichkeitsbescheinigung in ein amtliches Dokument transformiert.

"Gib mir mal die Vorgangsnummer."

"Ah, da druckt er!" Und kurze Zeit später halte ich meine Zollerklärung in Händen. Auf geht's zur Kasse, obwohl dort niemand zu sehen ist.

Wortlos erhebt sich der erste Zoll-Beamte, wandert über den Flur zu einem der drei Kassenschalter, schaltet den Computer ein [Es ist bereits später Nachmittag! Offenbar ist dies die erste Einnahme an diesem Tag.] und druckt eine Quittung für mich aus, kassiert das abgezählte Geld, tackert die Quittung an die Zollerklärung und reicht mir den Stapel mit freundlichen Worten. Ich verabschiebe mich und verlasse das Zollgebäude nach fast einer Stunde, um einiges Bargeld erleichtert, gerade rechtzeitig, um die ersten Regentropfen abzubekommen und darf noch miterleben, wie die "scharfen Hunde" wieder ein Auto filzen. Wie schnell die die Türverkleidung der Audi Limousine öffnen und schließen ohne daß man den Vorgang nachher an der Tür sehen kann. Unglaublich! Profis!